Die digitalen Konversationen werden zunehmend zu einem wichtigen Bestandteil der Mensch-Computer-Interaktion und können direkt auf der Website des Unternehmens oder in Plattformen wie dem Facebook Messenger integriert sein. Durch die Integration von digitalen Assistenten lassen sich die Benutzerfreundlichkeit und die Effizienz der Interaktion mit mit dem Chatbots steigern. Es wird eine Echtzeitkommunikation über natürliche Sprache ermöglicht, welche in Kombination mit einem geeigneten Design einen Service verspricht, der jederzeit verfügbar ist, Personalkosten spart und gleichzeitig einer realen Servicebegegnung ähnelt.
Doch trotz des großen Potenzials und der Vorteile auf Kunden- und Unternehmensseite weisen am Markt verfügbare Chatbots, wie auch andere neue Chatbot Technologien, noch immense Einschränkungen auf. Diese sind allerdings nicht immer durch technologische Probleme bedingt. Die technische Umsetzung von intelligenten Chatbots ist bereits lange möglich, den digitalen Assistenten fehlt es jedoch an menschlicher Sozialkompetenz, wie beispielsweise Empathie. Konsumenten sind eben diese Empathie bereits von Servicebegegnungen mit menschlichem Personal gewohnt, wenn sie zum Beispiel einen Servicemitarbeiter mit ihrem Problem konfrontieren, zeigt dieser – in den meisten Fällen – Verständnis und reagiert mit einer entsprechenden Geste. Den Unterschied zwischen einer empathischen und einer nicht empathischen Reaktion eines Chatbots veranschaulicht die unten gezeigte beispielhafte Konversation.
Während der linke Dialog das Anliegen stumpf bearbeitet, zeigt die rechte Konversation Verständnis, Mitgefühl und Humor und somit klassische zwischenmenschliche Eigenschaften.
Der Erfolg von derzeitigen Chatbots scheitert noch an der Akzeptanz der Nutzer dieser neuen Technologien. Es gilt also die Lücke zwischen Mensch und Maschine zu schließen. Wie schafft man es einen Chatbot, welcher nichts anderes als ein Roboter ist und immer noch dem Verhalten einer Maschine ähnelt, zu einem menschlichen, natürlichen Service zu entwickeln, sodass sich zukünftige Service Interaktionen natürlich anfühlen?
Um dieses Ziel zu erreichen und um vertraute, empathische Service Begegnungen auch digital mit diesen Eigenschaften zu versehen, kann auf emotionale künstliche Intelligenz zurückgegriffen werden. Emotionale KI ermöglicht es menschliche Emotionen zu verstehen, sie zu interpretieren und angemessen darauf reagieren zu können. Durch den gezielten Einsatz von sozialen Hinweisen im Chatbot-Design sollen digitale Interaktionen menschenähnlicher und somit natürlicher und familiärer wirken. Der Einsatz von verschiedenen sozialen Reizen ermöglicht es, digitale Interaktionen mit Chatbots sozialer zu gestalten. Das Einbinden eines Namens, oder von blinkenden Punkten, welche darauf hindeuten, dass der Chatbot tippt und so eine Antwortverzögerung simulieren, erinnern an bereits familiäre menschliche Eigenschaften.
Wird darüber hinaus ermöglicht, dass Chatbots nicht nur die Nutzer Absichten erkennen, sondern auch deren Stimmung spricht man von einer Sentimentanalyse. Diese ermöglicht nicht nur die Extraktion der Stimmung, die einem Text zugrunde liegt, sondern ermöglicht es auch darauf basierende stimmungs-dynamische Antworten in Echtzeit zu liefern, was wiederum in einer gesteigerten Nutzererfahrung resultiert. Nicht nur steigern die kontextbezogenen Antworten die Relevanz der Inhalte, es wird ferner Empathie erzeugt, welche den Grundstein einer jeden menschlichen Konversation darstellt. Durch das Einbinden einer Sentimentanalyse in die Chatbot Architektur kann so eine verbal dargestellte Empathie durch das adaptive Antwortverhalten eines Chatbots simuliert werden und Auswirkungen dieser auf den Nutzer untersucht werden. Dieser Fragestellung haben wir uns angenommen und im Rahmen meiner Masterarbeit eine Studie mit 278 Teilnehmern durchgeführt.
Studienergebnisse
Die Master Thesis, welche in Zusammenarbeit mit Devoteam erstellt wurde zeigt, dass Empathie eines Chatbots im Service-Kontext, welche durch sentiment-adaptive Antworten erzeugt wird, einen positiven Einfluss auf die wahrgenommene soziale Präsenz der Interaktion hat, sodass die Lücke zwischen Mensch und Maschine langsam geschlossen wird und eine gesteigerte Nutzererfahrung ermöglicht werden kann. Ferner belegen Studien den positiven Einfluss von empathischen Chatbots auf die allgemeine Zufriedenheit mit dem Service. Weiterhin zeigt sich in der Studie, dass die Seriosität eines Chatbots einen entscheidenden Faktor für die Akzeptanz darstellt. Im Banken-Kontext, welcher meist das Freigeben von sensiblen Daten beinhaltet, sorgt das Duzen des Chatbots für eine gesunkene Seriosität. In einem E-Commerce Szenario könnte das ganz anders aussehen, sodass Use Case und Zielgruppenspezifische Anforderungen beachtet werden müssen. Zusätzlich sollten Datenschutzbedenken bei der Erstellung von empathischen Chatbots, welche auf Nutzer Emotionen basieren, nicht außer Acht gelassen werden. Der Großteil der Teilnehmenden hat bereits oder ausschließlich negative Erfahrungen mit der Nutzung von Chatbots gemacht, sodass es gilt die Akzeptanz in diese Technologie im ersten Schritt wiederherzustellen. Die Sentimentanalyse ermöglicht es zudem, die Stimmung der Nutzer in Echtzeit zu erkennen. Somit kann eine Beschwerde und ein unzufriedener Kunde, welcher ein komplexes vom Chatbot nicht direkt lösbares Problem schildert, frühzeitig an einen Mitarbeiter weitergeleitet werden. Dies sorgt nicht nur für eine verbesserte Effizienz, sondern auch für eine gesteigerte Nutzerzufriedenheit.
Fazit
Wir haben gesehen, dass Chatbots bereits einige Vorteile mitsichbringen, allerdings immer noch eine Lücke in der Mensch-Computer Interaktion besteht, weshalb die Zufriedenheit der Nutzer gering bleibt. Diese Lücke kann durch den richtigen Einsatz von sozialen Reizen und Empathie geschlossen werden. Das richtige Chatbot-Design ist hier entscheidend, um Akzeptanz zu schaffen, die Nutzerzufriedenheit langfristig zu steigern und so die Vorteile von Chatbots auszuschöpfen.
Take home messages
Sentimentanalyse: Das Einbinden einer Sentimentanalyse in die Chatbot Architektur ermöglicht es Emotionen in Echtzeit zu erkennen und darauf zu reagieren, sodass kontextbezogene und für den Kunden relevante Aktionen erzeugt werden (dies ermöglicht beispielsweise eine direkte Weiterleitung eines wütenden Kunden an einen Servicemitarbeiter, bevor es zu einer Eskalation kommen kann)
Gut trainierte KI: Vertrauen in Technologien wiederherstellen, durch eine technisch einwandfreie und effiziente KI, sodass Akzeptanz geschaffen wird (bei hoher Komplexität sollte die direkte Weiterleitung an Personal ermöglicht werden, um einen schnellen Service und die Zufriedenheit der Kunden zu garantieren)
Individualisierung: relevante Use Cases wählen und eine zielgruppengerechte Ansprache basierend auf zuvor erkannten Nutzerprofilen ermöglichen
Kein quick & dirty: Um das fehlende Vertrauen der Nutzer wiederherzustellen, sollten keinesfalls halbfertige Chatbots mit schlecht trainierter KI implementiert werden, da dies im schlechtesten Fall einen negativen Einfluss nicht nur auf den Service, sondern auch auf das Branding eines Unternehmens haben kann
Ignorieren von Use Case & Zielgruppenrelevanz: Der Use Case sollte relevant sein und der Chatbot dem Nutzer und dem Unternehmen gleichermaßen einen Mehrwert bieten. Hierzu sollten Nutzeranforderungen analysiert werden (in dieser Studie führt das Duzen zum Verlust von Seriosität, was entscheidend für die darauffolgende Nutzererfahrung ist. Dies kann jedoch bei einem anderen Use case, einer anderen Branche oder Zielgruppe variieren und womöglich genau den Erwartungen der Nutzer entsprechen, sodass dies zwingend zuvor evaluiert werden sollte)
Ich bedanke mich an dieser Stelle nochmal für die Unterstützung seitens Devoteam, dem Vertrauen in mir und bei allen Kollegen, die mich begleitet haben.
Victoria Mummenbrauer
Werkstudentin/ Masterandin Marketing & Pre-Sales
Quelle: Mummenbrauer, V. (2021). Die Zukunft von Conversational AI. Die Auswirkungen vom empathischen Antwortverhalten eines Chatbots im Service-Kontext. Masterarbeit.
Vermerk: Thesis “unveröffentlicht”